BERUFSVERBOT

Ein Statement aus dem Jahr 2020 von Tatjana Meissner


Statement

Ihr fehlt mir!

(Potsdam im April 2020)

Gerne würde ich von meinen Auftritten erzählen, von neuen Projekten berichten aber... nix! Und je mehr ich darüber nachdenke, was ich jetzt schreiben soll, umso mehr ertappe ich mich und mein schlechtes Gewissen schlägt wieder zu.

Darf ich mich über die derzeitige Situation aufregen und beschweren? Darf ich den schönen Momenten auf der Bühne und mit euch nachtrauen?

Gerade jetzt, wo so viele Menschen noch viel härter von den Auswirkungen betroffen sind und viele andere jeden Tag hart arbeiten müssen, damit es halbwegs geregelt läuft...

Ich darf! Das ist nicht egoistisch, das ist menschlich!

Keine Panik, mir geht es gut und natürlich hoffe ich, dass bei euch auch alles in Ordnung ist. Ich wünsche mir trotzdem, bald wieder in lachende Gesichter sehen zu können, Theaterlust zu spüren und mich aufregen zu können, wieder mal im Stau zu stehen. So ganz normal, so wie „früher“, ihr erinnert euch? ;)

Ich gehöre in Deutschland zu den „mittelgroßen“ Künstlern, also zu denen, die Häuser mit 100 – 500 Zuschauern bespielen. Das hört sich vielleicht nicht viel an, ich möchte Euch aber trotzdem mal aufzählen, wer alles daran beteiligt ist, damit meine Shows auf die Bühne kommen. Und diese Berufsgruppen sind alle von der Situation betroffen! Und um diese mache ich mir mehr Sorgen! Deshalb ist es wichtig, dass wir bald wieder arbeiten dürfen. Und wenn ihr dann eine Eintrittskarte kauft, dann bezahlt ihr damit nicht nur mich und zwei Stunden Unterhaltung, sondern viel mehr. 


Damit Ihr mal eine Vorstellung habt, was mit eurer Hilfe alles bezahlt wird, hier eine Zusammenfassung. Zuerst die Produktion des Stücks, egal ob Theater, Kabarett oder Comedy.

Eine Comedy-Show, wie „Es war nicht alles Sex“ kostet, bevor sie zum ersten Mal aufgeführt wird, ca. 15 Tsd. Euro. Die Entwicklung dauert ca. 2 Jahre und diese Gewerke sind daran beteiligt:

Kostümbildner

Texter/Autoren

Komponisten

Musiker

Musikstudio Inhaber

Grafiker

Choreograph

Fotograf

Management/Agentur/Bookingagentur

Druckerei

Und natürlich der/die Künstler

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Wenn die Show „fertig“ ist, muss sie natürlich auch verkauft und beworben werden.

Daran sind diese Gewerke beteiligt:

Künstlerisches Betriebsbüro

Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit

Agentur

Werbedienstleister

Flyerverteiler

Plakatkleber

Mitarbeiter in den VVK-Stellen

Mitarbeiter der Theaterkassen

Onlineticket-Unternehmen

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Dann steht der Termin und jetzt geht’s bald los zum Auftritt, doch dazu braucht man Unterstützung für die Durchführung der Show:

Technisches Personal

Tontechniker

Lichttechniker

Veranstaltungstechnik Verleiher

Bühnenmitarbeiter

Feuerwehr

Security

Einlasser

Garderoben Personal

Saal Chef / Abenddienst

Mitarbeiter des Catering

Mitarbeiter der Gastronomie für die Versorgung der Gäste

Reinigungsunternehmen

Pressemitarbeiter

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Ich hoffe, ich habe keinen vergessen...

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Doch, die Mitarbeiter der Hotelbranche (für die Übernachtung), Kfz-Werkstätten, Tankstellen usw.

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Und zu guter Letzt noch ganz wesentliche Organisationen, die für das Allgemeinwohl bestimmt sind...

Das Finanzamt. Auf jede Eintrittskarte wird Umsatzsteuer abgeführt, alle Einnahmen werden versteuert.

Die GEMA: An die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte werden je nach Größe und Zuschauerzahl Beiträge für die gespielte Musik abgeführt

KSK: An die Künstlersozialkasse werden prozentual Beiträge für die Gagen abgeführt.

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Und natürlich kostet die Unterhaltung eines Theaters, Kulturhauses, eigentlich jeder kultureller Einrichtung Geld. Es müssen Mieten, Nebenkosten, Technik, Personal und Versicherungen bezahlt werden. Jeden Monat.

Und alle Beteiligten sind mit Herzblut, Liebe und Engagement dabei. Wenn wir wieder dürfen!

Also denkt bitte daran, wenn Ihr das nächste Mal eine Eintrittskarte kauft, diese Menschen sind Euch alle dankbar!

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#kulturerhalten